15.02.2022
Update: Corona-Impfung und Zyklus
Vorübergehende Veränderungen der Menstruation haben keine gesundheitlichen Folgen, sie liegen im Bereich der normalen Streuung. Europäische Arzneimittelbehörde wird gemeldete Fälle von stärkeren und ausbleibenden Blutungen genauer untersuchen.
Seit Einführung der Impfung gegen SARS-CoV-2 finden sich im Internet Erfahrungsberichte, über ein breites Spektrum von Veränderungen des weiblichen Zyklus nach einer Covid-Impfung. Zu einem möglichen Zusammenhang, der in den Zulassungsstudien zum Impfstoff nicht explizit untersucht wurde, sind zwei Beobachtungsstudien erschienen.
Die Corona-Impfung hat keine gesundheitlich relevanten Zyklusstörungen zur Folge und beeinträchtigt nicht die Fruchtbarkeit. Dies ist das Fazit bzw. die medizinische Bewertung zweier Untersuchungen, die eine mögliche Verbindung zwischen der Corona-Impfung und dem weiblichen Zyklus betrachtet haben. Demnach werden geringfügige Veränderungen im zeitlichen Zusammenhang mit Covid-19-Impfungen von Frauen beobachtet. Ein ursächlicher Zusammenhang kann jedoch nicht nachgewiesen werden. Die beschriebenen vorübergehenden Störungen des Zyklus haben keinen negativen Einfluss auf die Fruchtbarkeit und keine längerfristigen Effekte auf das Menstruationsgeschehen.
US-Studie zeigt vorübergehende Zyklusverlängerung nach der Corona-Impfung [1]
Anfang des Jahres veröffentlichten Forschende der Oregon Health & Science University die Ergebnisse einer Studie mit rund 4.000 gesunden Frauen zwischen 18 und 45 Jahren. Nach dem 1. Piks verlängerte sich bei den Geimpften die Zyklusdauer im Mittel um 0,64 Tage und nach dem 2. Piks um 0,79 Tage – im Vergleich zu den Ungeimpften. Gab es den 1. und 2. Piks innerhalb desselben Zyklus, so verlängerte sich dieser im Mittel um 2,3 Tage.
Das Phänomen trat vorrübergehend auf und die Zyklusdauer normalisierte sich spätestens zwei Zyklen nach der letzten Impfung. Die Beobachtung beschränkte sich dabei auf die Zykluslänge und Blutungsdauer.
Norwegische Studie findet Häufung von Menstruationsstörungen nach Impfung [2]
Weitere Erkenntnisse lieferte eine aktuelle Studie des Norwegian Institute of Public Health, an der rund 5.700 Frauen im Alter von 18 bis 30 Jahren teilnahmen. Diese wurden mittels einer App nach verschiedenen Menstruationsstörungen (z. B. unerwartete Zwischenblutungen, stärkere Regelschmerzen, stärkere Blutung) befragt – sowohl vor als auch nach den einzelnen Impfungen. Die Impfquote dieser befragten Frauen war mit über 90 Prozent hoch. Hoch war ebenfalls die Varianz im normalen Zyklusgeschehen der Teilnehmerinnen. Ein Studienergebnis war, dass 37,8 Prozent der Frauen schon vor dem Impfzyklus mindestens eine Abweichung vom normalen Zyklusgeschehen beobachteten.
Stärkere Blutung nach COVID-19-Impfung
Die Forschenden fanden ein deutlich erhöhtes Risiko für eine stärkere Regelblutung nach der ersten und zweiten Impfdosis. Eine ähnliche Tendenz zeigte sich auch für eine verlängerte Blutungsdauer und einen verkürzten Zyklus. Bei Frauen, die nach dem 1. Piks keine Zyklus-Unregelmäßigkeiten angaben, berichteten nach dem 2. Piks genauso häufig Menstruationsstörungen wie Ungeimpfte. Wie in der US-Studie normalisierte sich der Zyklus in kurzer Zeit wieder.
Vorübergehende Zyklusstörungen und Bedarf nach genaueren Zusammenhängen
Die oben genannten Studien belegen, dass eine Corona-Impfung vorübergehend Zyklusstörungen verursachen kann. Derartiges lässt sich auch bei Frauen nach einer Corona-Infektion beobachten [3,4]. Aus frauenärztlicher Sicht sind vorübergehende individuelle Veränderungen im weiblichen Zyklus als Reaktion auf Faktoren, wie Infektionen bzw. Immunreaktionen nicht ungewöhnlich. Das Immunsystem und das Hormonsystem sind eng miteinander verknüpft. Da die Veränderungen des Menstruationszyklus im Vergleich zur natürlichen Varianz jedoch gering sind und relativ bald wieder vorüber gehen, besteht kein Grund zur Sorge. Sorgen können auch vermieden werden, wenn diese geringfügigen Zyklusveränderungen im Rahmen der Impfaufklärung zu Covid-Impfungen klarer erwähnt werden. Was seit Bekanntwerden der Studien teilweise bereits erfolgt ist.
Blick auf bestimmte Personengruppen aufschlussreich
Beide Forscherteams weisen darauf hin, dass weitere Studien nötig sind, um die Zusammenhänge zwischen Impfung, Corona-Infektion und weiblichem Zyklus besser zu verstehen. Bislang fehlen insbesondere Studien, die vulnerable Frauengruppen einschließen. Also Frauen, die aufgrund einer gynäkologischen Erkrankung häufiger an Menstruationsstörungen leiden – beispielsweise bei Endometriose oder Myomen.
Aus frauenärztlicher Sicht ist es wichtig zu klären, ob es „Subgruppen“ gibt, bei denen es beim Menstruationszyklus nach einer COVID-19-Impfung eher zu Veränderungen kommt, etwa auch bei Frauen mit Polyzystischem Ovarialsyndrom, Adipositas oder Patientinnen, die bestimmte Medikamente einnehmen. Ein besserer Erkenntnisgewinn kann dann auch dazu beitragen, eine angemessene Aufklärung zu verbessern.
Sicherheit von Impfstoffen wird ständig überwacht
Um möglichst alle Impfkomplikationen und -nebenwirkungen zu erfassen und wissenschaftlich zu bewerten, gibt es in Deutschland und Europa ständige Einrichtungen, welche die Impfstoff- und Arzneimittelsicherheit überwachen. Dabei überwacht das zuständige das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) die Sicherheit von Impfstoffen in Deutschland mithilfe der von Ärzten, Patienten und Forschern gemeldeten Daten.
Betroffene können einen Verdacht direkt über ein Onlineformular an das PEI melden: Nebenwirkungsmeldung durch betroffene Personen. Sowohl Forschende, ärztliches Personal als auch Patienten können die gemeldeten (anonymisierten) Verdachtsfälle in einer zentralen Datenbank abrufen.
Die Erkenntnisse zur Wirksamkeit und Sicherheit der COVID-19-Impfstoffe veröffentlicht das PEI zusammen mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im regelmäßig erscheinenden Bulletin zur Arzneimittelsicherheit.
Darüber hinaus publiziert das PEI in regelmäßigen Abständen Sicherheitsberichte zur COVID-19-Impfung. Diese enthalten alle in Deutschland gemeldeten Verdachtsfälle von Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung gegen COVID-19.
Update vom 15.02.2022 – Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) untersucht Fälle von verstärkten und ausbleibenden Menstruationsblutungen genauer [6]
Die EMA hat eine eingehende Untersuchung zu den Meldungen über ein Ausbleiben der Menstruation (Amenorrhö) und verstärkten Blutungen nach Corona-Impfungen eingeleitet, wie die Behörde am 11.02.2022 mitteilte. Der Pharmakovigilanz-Ausschuss (PRAC) wird einen möglichen ursächlichen Zusammenhang zwischen gemeldeten Fällen von „starken Menstruationsblutungen“ und dem Ausbleiben der Menstruation (Amenorrhö) über drei oder mehr aufeinanderfolgende Monate nach Impfung mit den mRNA-Vakzinen prüfen – auf Basis von Daten aus Studien, aus Spontanmeldesystemen und der veröffentlichten Literatur zum Thema. Der PRAC betont dabei weiterhin, dass Zyklusstörungen sehr vielfältige Ursachen zugrunde liegen können. Bislang sei weder ein ursächlicher Zusammenhang zwischen COVID-19-Impfstoffen und Zyklusstörungen erwiesen, und es liegen auch keinerlei Hinweise vor, dass COVID-19-Impfstoffe einen negativen Einfluss auf die Fruchtbarkeit haben. Von Zyklusstörungen wurde auch nach durchgemachter COVID-19-Infektion berichtet.
Quellen
[1] Edelman, A. et al. Association Between Menstrual Cycle Length and Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) Vaccination: A U.S. Cohort. Obstetrics & Gynecology 2022. DOI: 10.1097/AOG.0000000000004695
[2] Trogstad L. Increased Occurrence of Menstrual Disturbances in 18- to 30-Year-Old Women after COVID-19 Vaccination (January 1, 2022). http://dx.doi.org/10.2139/ssrn.3998180
[3] Li K, Chen G, Hou H, etal. Analysis of sex hormones and menstruation in COVID-19 women of child-bearing age. Reprod Biomed Online 2021; 42:260-7. doi: 10.1016/j.rbmo.2020.09.020 pmid: 33288478
[4] 7 Khan SM, Shilen A, Heslin KM, etal. SARS-CoV-2 infection and subsequent changes in the menstrual cycle among participants in the Arizona CoVHORT study. Am J Obstet Gynecol 2021; S0002-9378(21)01044-9. doi: 10.1016/j.ajog.2021.09.016 pmid: 34555320
[5] Pharmakovigilanz | Paul-Ehrlich-Institut
[6] Meeting highlights from the Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC) 7