Harninkontinenz: Diagnostik

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Inkontinenz ist nicht gleich Inkontinenz! Es stehen verschiedene Methoden zur Verfügung, um eine Harninkontinenz zu untersuchen.

Anamnese und Inkontinenzfragebogen

Wer wegen seiner Beschwerden einen Arzt aufsucht, hat bereits die erste Hürde im Umgang mit der Inkontinenz genommen. Noch immer mag sich eine Vielzahl von Patienten ihrem Arzt aus Scham nicht anvertrauen. Dabei können Störungen der Harnblasenfunktion heute erheblich gelindert, oder sogar geheilt werden. Doch dazu ist es wichtig, eine genaue Beschreibung der Krankheitssymptome zu liefern. Wann tritt der Urinverlust auf? Wie stark ist er tagsüber oder auch nachts? Diese Fragen werden in einem Gespräch mit dem Arzt geklärt.

Meist orientiert sich der Arzt auch an einem Inkontinenzfragebogen, bei dem er Vorerkrankungen wie Herzinsuffizienz, Schilddrüsenerkrankungen oder Diabetes mellitus abfragt, was eine Diagnosestellung vereinfachen kann. Bestimmte Medikamente (z. B. Beruhigungsmittel und Antidepressiva) oder Substanzen (z. B. Koffein, Alkohol, Drogen) können das Auftreten einer Inkontinenz verschlechtern oder sogar erst hervorrufen.

Möglicherweise wird der Frauenarzt empfehlen, über 3 bis 14 Tage ein sogenanntes Miktionstagebuch zu führen. Dort wird eingetragen, wie viel getrunken wird, wann Harndrang spürbar wird, wie oft und wann die Toilette besucht wird und ob Inkontinenz auftritt. Anhand dieser Angaben kann der Arzt eventuell Rückschlüsse auf ungünstige Trink- oder Toilettengewohnheiten oder andere Verhaltensmuster ziehen, die für eine Inkontinenzerkrankung verantwortlich sein könnten.

Gynäkologische Untersuchung

Im Anschluss an das Gespräch erfolgt eine gynäkologische Untersuchung. Dabei lassen sich eventuelle Absenkungen von Organen, wie beispielsweise der Scheide oder der Gebärmutter, als mögliche Ursache in Ruhe und beim Pressen feststellen. Beim Stress-Test beispielsweise werden Patientinnen aufgefordert zu Husten oder zu Pressen. Der dadurch austretende unwillkürliche Verlust an Urin ist ein Anzeichen für eine Belastungs- bzw. Stressinkontinenz.

Durch Abtasten (Palpation) der Beckenbodenmuskulatur kann deren Funktionsfähigkeit überprüft werden. Das Anspannen der Muskulatur vermittelt dem Arzt einen Eindruck von der Stärke der Beckenbodenmuskulatur. Ebenso können Reflextests, wie beispielsweise der Bulbocavernosus-Reflex, Hinweise auf den Zustand der Beckenbodenmuskulatur oder die Schädigung von Nerven liefern.
Es liegt eine Schwäche vor, wenn die Muskelreaktion nur schwach bis gar nicht zu ertasten ist.

Harnuntersuchungen

Urinteststreifen
Eine durch Bakterien verursachte Blasenentzündung kann für eine Inkontinenz ursächlich sein. Eine einfache Urinuntersuchung kann dies weiter eingrenzen.

Um eine mögliche Entzündung der Blase oder der Harnleiter durch Bakterien zu erkennen, wird eine Urinuntersuchung durchgeführt.

Ultraschalluntersuchung

Die Sonografie (Ultraschalluntersuchung) eignet sich als bildgebendes Verfahren, um die dem Beckenboden aufliegenden Organe wie der Harnröhre, der Blase, Gebärmutter und dem Darm sichtbar zu machen. Mögliche Veränderungen in der Lage der Organe, die eine Inkontinenz hervorrufen könnten, werden so entdeckt. Aber auch die Wirkung und mögliche Komplikationen nach bestimmten Operationsmethoden können damit bildlich dargestellt werden.

Darüber hinaus ist der Ultraschall eine hervorragende Methode des sogenannten Bio-Feedbacks. Ein korrektes Anspannen (Kontraktion) und Entspannen (Relaxation) der Beckenbodenmuskulatur können damit überprüft werden.

Röntgenverfahren sollten heute nicht mehr zur Abklärung einer Inkontinenz eingesetzt werden.

Urodynamische Messung

Die Urodynamik ist eine Untersuchung, mit deren Hilfe die Harnblasenfunktion beurteilt werden kann. Zur gleichen Zeit werden Harnfluss, die Aktivität des Beckenbodens und der Bauchmuskulatur sowie der Blasendruck gemessen. So können die verschiedenen Formen der Inkontinenz unterschieden werden. Die wichtigsten Untersuchungsmethoden sind die Uroflowmetrie, die Zystometrie und die Druck-Fluss-Messung.

Die Uroflowmetrie ist eine absolut schmerzfreie, nicht invasive Methode. Während des Wasserlassens werden der Harnfluss (Urinmenge und Miktionszeit) sowie gleichzeitig die Aktivität der Beckenboden- und der Bauchmuskulatur mittels Oberflächenelektroden gemessen. Bei dieser Untersuchung erfolgt die Blasenentleerung auf einer speziellen Toilette.

Bei der Zystometrie wird der Blaseninnendruck, die Kapazität, Stabilität und Dehnbarkeit der Blase während der Füllung der Harnblase (Füllungsdruck) sowie beim anschließenden Wasserlösen (Miktionsdruck) gemessen. Dazu muss ein dünner Katheter, über welchen die Blase gefüllt und die Werte gemessen werden können, in die Blase eingelegt werden.

Die Zystometrie wird meist mit einer Druck-Fluss-Messung (Urethrotonometrie) kombiniert. Dabei wird in Ruhe und unter Belastung (z. B. beim Husten) der Verschlussdruck der Harnröhre gemessen. Ist der Druck in der Harnröhre größer als in der Harnblase, so kann der Harnaustritt vom Patienten kontrolliert werden. Ist hingegen der Druck in der Harnblase größer als in der Harnröhre, kann ungewollt Urin entweichen.

Blasenspiegelung

Mittels einer Blasenspiegelung (Urethrozystokopie) kann der Arzt eine Entzündung der Blaseninnenwand, Tumore, Blasensteine oder auch anatomische Veränderungen wie Ausstülpungen der Wand (Divertikel) oder Fistelbildungen erkennen.

Restharnbestimmung

Restharn ist die Menge an Urin, die nach einer Entleerung der Blase noch zurückbleibt. Im Idealfall sollte kein Restharn in der Blase vorhanden sein. Bei älteren Menschen ist aber durchaus eine Menge von 50 bis max. 100 ml noch zu tolerieren. Bei einer Restharnbestimmung entleert die Patientin zuerst ihre Blase durch normales Wasser lassen. Im Anschluss daran kann mit einer Ultraschalluntersuchung oder einem Einmal-Katheter die Restharnmenge bestimmt werden.

Quellen

Autor/Autoren: äin-red

Fachliche Unterstützung: Prof. Dr. med. Werner Bader

Letzte Bearbeitung: 04.06.2018

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