Sexualtrieb & Sexuelle Reifung
Der Sexualtrieb ist ein natürliches Bedürfnis jedes Menschen und schon bei der Geburt angelegt. Sexuelles Verhalten wird erlernt und bereits in der Kindheit werden die Weichen für die sexuelle Entwicklung und Sexualität gestellt. Dabei vollzieht sich diese Entwicklung zunächst in erster Linie in nicht-sexuellen Erlebnissen und Erfahrungen.
Ein natürlicher Bestandteil des Entwicklungsprozesses besteht in der Selbsterkundung des eigenen Körpers. Kleinkinder betrachten ihre Sexualität als etwas Natürliches, berühren ihre Geschlechtsorgane oder erkunden spielerisch den Genitalbereich ihrer Altersgenossen. Schon während des ersten Lebensjahres kann man die An- und Entspannung des Beckens beobachten, später haben kleine Jungen Erektionen, kleine Mädchen zeigen ein leichtes Zusammenziehen der Scheidenmuskulatur.

Etwa mit dem fünften Lebensjahr nehmen sexuelle Verhaltensweisen zunächst ab, um später wieder zu zunehmen. Ab dem Alter von neun bis zehn Jahren wächst das Interesse für sexuelle Themen – was sich zuweilen in sexualisierter Sprache darstellen kann. In den Folgejahren stellen sich erste sexuelle Gefühle ein. Die Empfänglichkeit für sexuelle Reize und damit einhergehende Interessen entwickelt sich in den nächsten Jahren dann ganz individuell und hängt dabei mit der hormonellen Umstellung in der Pubertät zusammen.
Sexualität ist in den Medien omnipräsent und die eigene Sexualität wird durch gesellschaftliche Normen und medial vermittelte Vorstellungen beeinflusst. Bereits Kinder in jungen Jahren haben Zugang zu sexuellen Themen. Trotz der frühen und weitreichenden Konfrontation mit Sexualität scheint es zu keiner „Frühsexualisierung“ von Jugendlichen zu kommen. Das durchschnittliche Alter beim ersten Geschlechtsverkehr hat sich bei Jugendlichen in Deutschland in den letzten Jahren nicht nach unten verjüngt. Etwa 65% der Mädchen in Deutschland hatten vor ihrem 18. Lebensjahr bereits Geschlechtsverkehr. Die Zahl ist seit langem konstant.
Wichtige Aspekte der psychosexuellen Reife sind ein verantwortungsvoller Umgang mit der Sexualität, der Schutz vor ungewollten Schwangerschaften sowie vor sexuell übertragbaren Erkrankungen.
Quellen
- Birgit Delisle (2015): Jugendsexualität zwischen medialer Darstellung und individuellem Erleben. korasion Nr. 1, Januar 2015 (pdf)
- Birgit Köhler (2010): Junge oder Mädchen? Störungen der Geschlechtsentwicklung (DSD). korasion Nr. 1, Februar 2010
- Dr. med. Bernd Meyenburg und PD Dr. med. Annette Richter-Unruh (2012): Leben im falschen Körper – Transsexualität im Kindes- und Jugendalter. korasion Nr. 2, Mai 2012
- Gisela Gille (2015): „Ich höre was, was du nicht fragst…“ – Prävention mit 9- bis 14-jährigen Mädchen in der gynäkologischen Praxis. korasion Nr. 4, August 2015 (pdf)
- Erwin J. Haeberle (1985): Die Sexualität des Menschen (2. Aufl.). De Gruyter
- Herpertz-Dahlmann, Resch, Schulte-Markwort, Warnke (2005): Entwicklungspsychiatrie. Schattauer
- Studie im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Einstellungen gegenüber Lesben, Schwulen und Bisexuellen in Deutschland Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage, Januar 2017
- Bode, Heidrun, Heßling, Angelika (2015): Jugendsexualität 2015. Die Perspektive der 14- bis 25-Jährigen. Ergebnisse einer aktuellen Repräsentativen Wiederholungsbefragung. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln (pdf)