Die geschlechtliche Entwicklung
Gene bestimmen das Geschlecht
Auf Basis der unterschiedlichen chromosomalen Ausstattung (46XX, weiblich vs. 46XY, männlich) erfolgt initial eine biologische Differenzierung der Keimdrüsen in Hoden oder Eierstöcke (chromosomales und gonadales Geschlecht). Im Verlauf der Embryonalphase (1.–12. SSW) findet die Vorbestimmung des Geschlechts (Geschlechtsdeterminierung) und in der Fetalphase (12.–40. SSW) die weitere Fortentwicklung (Differenzierung) statt. Von der Urogenitalleiste ausgehend, der gemeinsamen Organanlage von Teilen des Harn- und Geschlechtsapparats, entwickeln sich je nach gonadalen Geschlecht die Samenleiter, Nebenhoden, Samenbläschen oder die Ovarien, Gebärmutter, Eileiter, Vagina. Aus dem zunächst undifferenzierten embryonalen äußeren Genitale bilden sich dann entweder das männliche oder das weibliche äußere Genitale (anatomisches Geschlecht).
Die Geschlechtsentwicklung ist ein komplexer Prozess
Diese geschlechtliche Entwicklung ist ein komplexer Prozess und wird durch verschiedene Gene bzw. deren Genprodukte und schließlich auch über die Produktion von Hormonen gesteuert. Besonderheiten in diesen Entwicklungsphasen können eine große Variabilität an Ausprägungen der Geschlechtsentwicklung hervorbringen. Über die gesamte Phase der embryonalen Entwicklung können Störungen auftreten, die einen Einfluss auf die Ausprägung der primären und sekundären Geschlechtsmerkmale haben. Sie können in der Folge die Fruchtbarkeit (Fertilität) und Sexualität von Frauen maßgeblich beeinflussen.
Das Gehirn entwickelt sich bei Frauen und Männern unterschiedlich
Auch das Gehirn unterliegt einer Geschlechtsdifferenzierung, wodurch die sexuelle Entwicklung bereits pränatal – also vorgeburtlich – maßgeblich gesteuert wird. Im weiteren Verlauf kommt der Pubertät eine entscheidende Bedeutung bei der Entwicklung der Sexualität zu. In dieser Phase reifen die Geschlechtsorgane weiter aus (Ausdifferenzierung) und im Gehirn werden Zentren aktiviert, die sexualitätsbezogene Verhaltensweisen steuern.
Mit dem Säuglingsalter, der Kindheit oder auch der Pubertät können verschiedene Stadien der sexuellen Entwicklung unterschieden werden, die ihrerseits mit typischen sexuellen Verhaltensweisen verbunden sind.
Das menschliche Sexualverhalten basiert auf einem langen körperlichen und psychischen Entwicklungsprozess.
Quellen
- Birgit Delisle (2015): Jugendsexualität zwischen medialer Darstellung und individuellem Erleben. korasion Nr. 1, Januar 2015 (pdf)
- Birgit Köhler (2010): Junge oder Mädchen? Störungen der Geschlechtsentwicklung (DSD). korasion Nr. 1, Februar 2010
- Dr. med. Bernd Meyenburg und PD Dr. med. Annette Richter-Unruh (2012): Leben im falschen Körper – Transsexualität im Kindes- und Jugendalter. korasion Nr. 2, Mai 2012
- Gisela Gille (2015): „Ich höre was, was du nicht fragst…“ – Prävention mit 9- bis 14-jährigen Mädchen in der gynäkologischen Praxis. korasion Nr. 4, August 2015 (pdf)
- Erwin J. Haeberle (1985): Die Sexualität des Menschen (2. Aufl.). De Gruyter
- Herpertz-Dahlmann, Resch, Schulte-Markwort, Warnke (2005): Entwicklungspsychiatrie. Schattauer
- Studie im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Einstellungen gegenüber Lesben, Schwulen und Bisexuellen in Deutschland Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage, Januar 2017
- Bode, Heidrun, Heßling, Angelika (2015): Jugendsexualität 2015. Die Perspektive der 14- bis 25-Jährigen. Ergebnisse einer aktuellen Repräsentativen Wiederholungsbefragung. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln (pdf)