Hormonstörungen: Diagnostik

Störungen des Hormonhaushalts der Frau werden häufig von Zyklusstörungen oder Blutungsanomalien begleitet. Deshalb führt der erste Weg für Patientinnen zum Frauenarzt. Dieser führt zunächst eine Befragung und eine gynäkologische Untersuchung durch. So fragt er nach Beginn und Verlauf von Zyklusstörungen, der Einnahme von Kontrazeptiva (Antibabypille) und nach früheren Schwangerschaften und Geburten. Ferner erkundigt er sich nach weiteren Krankheitszeichen und ob im Moment eine Schwangerschaft besteht.
Grundsätzlich empfiehlt es sich, über die Regelblutung und ihre Stärke einen Kalender zu führen (Menstruationskalender). Dies erleichtert es dem Gynäkologen die Menstruationszyklen zu beurteilen.
Menstruationsstörungen ordnet der Frauenarzt anhand der geschilderten Symptome zunächst einer der folgenden Kategorien zu:
- Zyklen sind stark verlängert (>35 Tage): Oligomenorrhö
- Zyklen sind verkürzt (<25 Tage): Polymenorrhö
- Regelblutung ist abgeschwächt: Hypomenorrhö
- Regelblutung ist verstärkt: Hypermenorrhö
- Regelblutung ist verlängert: Menorrhagie
- Blutung tritt zwischen zwei Menstruationen auf: Metrorrhagie
- Regelblutung ist schmerzhaft und krampfhaft: Dysmenorrhö.
- Regelblutung bleibt aus: Amenorrhö
Bei Verdacht auf eine Hormonstörung wird der Patientin Blut abgenommen und in einem Labor untersucht. Der Frauenarzt wertet die Laborergebnisse aus, erstellt anhand der Befunde eine Diagnose und leitet die Behandlung ein.
Bildgebende Verfahren
Organische Ursachen wie Polypen, Myome oder Krebswucherungen können bei einer Ultraschalluntersuchung sichtbar werden. Adenome ab einer Größe von 2 Millimeter können bei einer Magnetresonanztomografie (MRT) vermutet werden. Die Computertomografie ist nur zum Nachweis größerer Tumoren geeignet.
Laboruntersuchungen
Gewebeproben aus der Gebärmutter können mit Hilfe eines chirurgischen Löffels entnommen (Ausschabung, Kürettage) und im Labor untersucht werden.
Zur Abklärung hormoneller Störungen werden Blutuntersuchungen durchgeführt. Zunächst wird der Hormonspiegel im Blut, so genannte Basaldiagnostik, gemessen. Die Messung liefert einen ersten Anhaltspunkt, ob die Hormonkonzentration im normalen Bereich liegt oder zu niedrig beziehungsweise zu hoch ist. Da der Hormonspiegel auch von der Tageszeit, vom Regelzyklus und von Arzneimitteln beeinflusst wird, werden bei Bedarf weitere Tests durchgeführt. Sie sollen zeigen, ob eine Störung des Hormonhaushalts vorliegt, und wenn ja, ob diese vom Hypothalamus, von der Hypophyse oder von anderen Hormondrüsen ausgeht.
Diagnostik einzelner Hormonstörungen
Störung der Geschlechtsentwicklung
Der Arzt wird in einer ausführlichen Anamnese (Befragung) die Pubertätsentwicklung und Körpergröße der Eltern festhalten. Er wird sich nach dem Wachstumsverlauf und den Essgewohnheiten des Mädchens erkundigen und abklären, ob chronische Krankheiten bestehen oder Medikamente genommen werden.
Die Pubertätsentwicklung wird mit einem Punktesystem bewertet (nach Tanner). Für verschiedene Stufen der Brustentwicklung und Schamhaarentwicklung werden einer Tabelle unterschiedliche Bewertungspunkte entnommen. Zusätzlich wird die Reihenfolge der Entwicklung festgehalten.
Über die Größe der Gebärmutter und die Entwicklung der Eierstöcke gibt eine Ultraschalluntersuchung Auskunft.
In einem endokrinologischen Labor werden die Konzentrationen der verschiedenen Hormone im Blut bestimmt wie FSH, LH, Prolaktin, Östradiol (Östrogene), Gelbkörperhormon und ggf. Schilddrüsenhormone. Bei vorzeitiger Pubertät wird zusätzlich die Konzentration von GnRH überprüft. Zusätzlich kann gemessen werden, wann bestimmte Hormone ausgeschüttet werden (Sekretionsprofil).
Bei einer echten vorzeitigen Pubertät (Pubertas praecox vera) entsprechen die Funktion der Eierstöcke sowie die Konzentrationen der Östrogene und Gonadotropine (FSH, LH) im Blut einer zeitlich normal verlaufenden Pubertät.
Chromosomal bedingte Ursachen, der verspäteten Pubertät, wie das Turner-Syndrom, können eventuell mit Hilfe eines Karyogramms aufgedeckt werden. Bei verspätetem Pubertätsbeginn wird außerdem das Skelettalter bestimmt. Eine Röntgenaufnahme der linken Hand der Jugendlichen zeigt die Ausbildung der Mittelhandknochen und liefert einen Hinweis auf das Knochenalter.
Eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Schädels gibt Aufschluss darüber, ob Tumore des Hypothalamus oder der Hypophyse vorhanden sind.
Quellen:
- Anthuber S., Deppe C., Menstruationsprobleme bei Jugendlichen. Gynäkologe 2015 · 48:278–284;
- Schwenkhagen A., Schaudig K., Frauenarzt-Serie: Hormonsprechstunde. Frauenarzt 58 (2017) Nr. 4;
- Bedei I., Delisle B., Zyklusstörungen in der Adoleszenz. Monatsschr Kinderheilkd 2017 · 165:858–865
PCO-Syndrom (PCOS, polycystisches Ovarien-Syndrom)
Das Vorliegen eines PCO-Syndroms wird vermutet, wenn zwei der drei folgenden Krankheitszeichen bestehen:
- chronische Oligomenorrhö oder Amenorrhö.
- Überschuss an männlichen Hormonen im Blut (Hyperandrogenämie) und Merkmale von Hirsutismus sowie Haarausfall und Akne.
- polycystische Ovarien. In beiden Eierstöcken liegen jeweils mindestens 12 Follikel mit einem Durchmesser von zwei bis neun Millimeter vor.
Falls die Menstruation der Patientin nicht ganz ausbleibt, werden für die Labordiagnose zwischen dem dritten und fünften Zyklustag Blut entnommen, um die Hormonwerte im Serum festzustellen. Beim PCO-Syndrom ist der Wert für FSH normal und der für LH überhöht, das Verhältnis LH/FSH liegt im Allgemeinen über zwei. Auch der Östradiolwert (Östrogene) und die Werte der Androgene sind erhöht. Als aussagekräftiger Wert gilt der freie Testosteronindex FAI. Da die Follikelreifung gestört ist, sind die Werte für das Gelbkörperhormon niedrig.
Beim PCO-Syndrom wird außerdem die gesamte Stoffwechsellage überprüft, da ein erhöhtes Risiko für folgende Erkrankungen besteht:Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus). Häufig liegt eine Insulinresistenz vor, d. h., das körpereigene Insulin ist weniger wirksam als normal. Deshalb sieht eine internationale Empfehlung vor, standardmäßig beim PCO-Syndrom einen Zuckertest durchzuführen. Bei schwangeren PCOS-Patientinnen sollte im ersten Schwangerschaftsdrittel ein Diabetestest durchgeführt werden, da das Risiko für einen Schwangerschaftsdiabetes erhöht ist.
- Fettleibigkeit (Adipositas)
- Arteriosklerose
- Bluthochdruck
- Fettstoffwechselstörungen
- Schilddrüsenerkrankung (Autoimmunthyreoiditis). Deshalb wird die Bestimmung des TSH-Werts (Schilddrüsenhormone) und der TPO-Antikörper empfohlen.
Quellen:
- Bartley J., Das Syndrom polyzystischer Ovarien (PCO Syndrom)-neue Entwicklungen in Diagnostik und Therapie. Berliner Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe 19.1.2011
- Sonntag B., Zyklusstörungen. Der Gynäkologe 5 · 2016
Prämenstruelles Syndrom
Über mindestens drei Monate wird ein Menstruationskalender geführt. Darin werden alle auftretenden Symptome festgehalten. Eine Laboruntersuchung schließt andere Erkrankungen mit ähnlichen Krankheitszeichen aus, z. B. Erkrankungen des Hormonsystems, Brusterkrankungen, familiärer Stress, psychische Störungen oder Medikamentenmissbrauch.
Ausführliche Informationen zum Krankheitsbild finden Sie auch im Artikel "Prämenstruelles Syndrom (PMS)".
Galaktorrhö
Da eine Galaktorrhö häufig gemeinsam mit anderen Krankheitszeichen auftritt, wird noch nach weiteren Befunden oder Symptomen gesucht, zum Beispiel Schwangerschaft, Hyperprolaktinämie, Brustkrebs, chronische Stimulation der Brustwarzen, Schilddrüsenunterfunktion u. a.
Hyperprolaktinämie
Der Prolaktinspiegel wird bei folgenden Erkrankungen geprüft: Galaktorrhö, Amenorrhö, Oligomenorrhö, Ausbleiben des Eisprungs (Anovulation). Im Allgemeinen wird am 22./23. Zyklustag vier bis fünf Stunden nach dem Aufstehen ein Bluttest durchgeführt. Die Höhe des Prolaktinspiegels gibt Auskunft darüber, ob ein Adenom vorliegt beziehungsweise welche Größe dieses Adenom voraussichtlich hat. Der normale Wert (kein Adenom) liegt bei 3 bis 16 Nanogramm pro Milliliter, bei einem kleinen Adenom beträgt er 50 bis 250 Nanogramm pro Milliliter und bei einem großen Adenom mehr als 250 Nanogramm pro Milliliter. Mit bildgebenden Verfahren wie MRT kann ein Hypophysenadenom nachgewiesen werden.
Ein erhöhter Prolaktinspiegel kann jedoch auch mit anderen Beschwerden oder Symptomen in Zusammenhang stehen, deshalb wird noch nach weiteren Befunden gesucht wie Schwangerschaft, Brustkrebs, chronische Stimulation der Brustwarzen, Schilddrüsenunterfunktion u. a.
Quellen:
- Rabe T. et al., Prolaktin und Hyperprolaktinämie - Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin (DGGEF) e.V., Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie 2013; 10 (2): 101-128;
Hirsutismus
Liegt ein Behaarungsmuster vom männlichen Typ vor, fragt der Arzt zuerst nach der Einnahme von Medikamenten, die mit einer Vermännlichung in Zusammenhang stehen könnten. Von einer Auslösung durch Medikamente kann im Allgemeinen ausgegangen werden, wenn sowohl Testosteron als auch Dehydroepiandrosteron (DHEA) in erhöhten Mengen im Blut vorhanden sind. Sind die Werte jedoch ohne Einnahme von Medikamenten erhöht und tritt der Hirsutismus relativ schnell und gleichzeitig mit Akromegalie auf, müssen Nebenniere, Eierstöcke und Hypophyse mit Ultraschall nach einem Tumor abgesucht werden. Ein erhöhter Prolaktinspiegel, bei gleichzeitig niedrigen Testosteron- und DHEAS-Werten weist auf ein Hypophysenadenom hin.
Hypophysäres Koma
Die Blutserumkonzentration der Hypophysenvorderlappenhormone und der Hormone, die von den Hypophysenvorderlappenhormonen abhängig sind, sind stark verringert. Die Glukosekonzentration und die Natriumwerte sind zu niedrig, die Kaliumwerte zu hoch.