15.05.2007
Zufüttern erhöht HIV-Ansteckungsrisiko in den Entwicklungsländern
In den Industrienationen wird HIV-infizierten Müttern abgeraten, ihren Nachwuchs zu stillen. Doch in Entwicklungsländern könnte es in vielen Regionen von Vorteil sein, würden die betroffenen Mütter die ersten sechs Monate voll sti
Stillen HIV-infizierte Mütter ihren Nachwuchs in den ersten sechs Monaten, ohne Milchprodukte oder andere Nahrungsmittel zuzufüttern, besteht nur ein Risiko von 4 %, dass der Erreger dabei auf das HIV-negative Kind übertragen wird. Füttern die betroffenen Mütter jedoch zu, steigt das HIV-Ansteckungsrisiko für das Kind erheblich. Dies ist das Ergebnis einer südafrikanischen Studie, das insbesondere für die Ernährungsempfehlungen für junge Mütter in Entwicklungsländern von Bedeutung sein könnte.
In den Industrienationen wird HIV-infizierten Schwangeren davon abgeraten, ihren Nachwuchs nach der Geburt zu stillen. Durch diese und andere Maßnahmen, wie die Entbindung per Kaiserschnitt und die gezielte, antiretrovirale Behandlung der werdenden Mutter, konnte das Ansteckungsrisiko für die betroffenen Säuglinge unter 2 % gesenkt werden.
In Entwicklungsländern hat Muttermilch viele Vorteile
Doch in Entwicklungsländern wird die Frage, ob den Müttern vom Stillen abgeraten werden soll oder nicht, sehr kontrovers diskutiert. In vielen ländlichen Regionen sind Milchpulver für Säuglinge nicht verfügbar oder sehr teuer. Den betroffenen Frauen bleibt daher oft nichts anderes übrig, als ihre Babys zu stillen. Außerdem schützt die Muttermilch vor vielen Infektionskrankheiten. Tatsächlich konnte die in Südafrika durchgeführte Studie nachweisen, dass doppelt so viele Säuglinge von Müttern, die auf das Stillen verzichtet hatten, in den ersten drei Lebensmonaten verstarben, wie Babys von ausschließlich stillenden Müttern.
Im Rahmen der Studie wurden die Ernährungsdaten von 1276 Säuglingen über einen Zeitraum von sechs Monaten regelmäßig gesammelt. 83 % der Mütter entschieden sich nach der Entbindung ihre Kinder voll zu stillen. Der Anteil der stillenden Mütter, die zufütterten, stieg von 3,8 % sechs Wochen nach der Geburt des Kindes auf 15,4 % nach einem halben Jahr. Das Risiko, dass eine HIV-positive, stillende Mutter den Erreger auf ihr Baby übertrug, stieg wenn das Geburtsgewicht des Kindes unter 2500 g lag oder die Mutter eine Zellzahl von bestimmten weißen Blutkörperchen (CD4-Zellzahl) unter 200 pro µl Blut hatte. Auch das Risiko, dass das Kind einer Mutter mit einer erniedrigten Zahl an weißen Blutkörperchen verstarb bevor es sechs Monate alt wurde, war viermal so hoch wie das von Müttern mit einer CD4-Zellzahl oberhalb von 500 pro µl Blut.
Zufüttern von Babybreis erhöht HIV-Ansteckungsrisiko um Faktor 11
Säuglinge, die außer Muttermilch feste Nahrung in Form von Breis oder Gläschennahrung erhielten, hatten ein 11mal höheres Risiko sich mit HIV zu infizieren, als voll gestillte Babys. Erhielten die Kinder Milchersatzprodukte zusätzlich zur Muttermilch, verdoppelte sich ihr HIV-Ansteckungsrisiko im Vergleich zu den voll gestillten Kindern. Voll gestillte Säuglinge, die im Alter von 6 Wochen HIV-negativ waren, hatten ein Risiko von 4,04 %, sich innerhalb von 20 bis 26 Wochen, in denen sie ausschließlich mit Muttermilch ernährt wurden, bei ihrer HIV-infizierten Mutter anzustecken.
Muttermilch hat einen schützenden Einfluss
Muttermilch schützt die Unversehrtheit der Darmschleimhaut des Säuglings. Die Forscher gehen davon aus, dass diese sich als effektive Barriere für HIV bewährt hat. Vermutlich fügen feste Nahrungsmittel wie Babybreis der Darmschleimhaut Schäden zu, die dem Erreger das Eindringen in den Organismus erleichtern. Auch die Eiweiße der Kuhmilch, die in Milchersatzprodukten enthalten sind, verursachen solche Schäden, allerdings in viel geringerem Umfang. So erklären sich die Wissenschaftler die unterschiedlichen Auswirklungen des Zufütterns auf das HIV-Ansteckungsrisiko von Säuglingen.
Die Wissenschaftler meinen, dass die Ernährungsempfehlungen für den Nachwuchs junger, HIV-infizierter Mütter erweitert werden sollten. Nach Ansicht der Forscher sollten Mütter in Entwicklungsländern ihre Neugeborenen 6 Monate ausschließlich stillen und sie dann zügig abstillen. Auf das verbreitete Zufüttern bis zu einem Alter von 18 bis 24 Monate sollte verzichtet werden, da dieses das HIV-Ansteckungsrisiko erheblich steigert. Selbst in Ländern mit einer hohen HIV-Infektionsrate könnten durch das volle Stillen 13 % der Todesfälle bei Kindern unter 5 Jahren verhindert werden.
Weitere Informationen zu HIV und AIDS auch unter www.hiv-info.de.