12.10.2016

Kann die hormonelle Verhütung depressive Verstimmungen verursachen?

Zu den seltenen und weniger bekannten Nebenwirkungen der hormonellen Verhütung gehören Veränderungen der Stimmung. Sie sollten mit dem Frauenarzt besprochen werden.

Zu den seltenen und weniger bekannten Nebenwirkungen der hormonellen Verhütung gehören Veränderungen der Stimmung, bei den meisten Mädchen und Frauen im positiven Sinn, bei wenigen tritt eine Verschlechterung ein. In einer Auswertung von zwei dänischen Gesundheitsregistern mit über einer Million Datensätzen zeigte sich, dass pro Jahr etwa 1,7% der Frauen, die niemals hormonelle Verhütungsmittel verwendeten, mit einem Antidepressivum behandelt wurden, dagegen 2,2% der Frauen, die hormonell verhüteten (1). Die Autoren folgern daraus, dass Depressionen eine mögliche Nebenwirkung dieser Verhütungsmittel sein können.

„Die Zahlen beschreiben einen zeitlichen Zusammenhang, aber mehr auch nicht“, erläutert Dr. med. Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte. „Es wäre ebenso denkbar, dass bei den jungen Mädchen und Frauen, die wegen ihrer Verhütung zu einem Arzt gingen, häufiger eine Depression erkannt und behandelt wurde als bei Frauen, die zwar an einer Depression erkrankt sind, aber keinen Arztkontakt hatten; denn eigentlich sind Depressionen viel häufiger, als es die Zahlen aus der Studie vermuten lassen (2). Außerdem bestehen zwischen Mädchen und Frauen, die hormonell verhüten, und solchen, die es nicht tun, erhebliche Unterschiede weit über diese Arzneimittel hinaus. Die einen haben regelmäßige heterosexuelle Beziehungen, wollen aber nicht schwanger werden, und sind bereit, sich in ärztliche Behandlung zu begeben und Arzneimittel einzunehmen. Von den anderen wissen wir nicht, ob sie sexuelle Beziehungen haben oder nicht, ob sie einen Partner haben, mit dem sie nicht verhüten, sondern Kinder bekommen wollen, ob sie vielleicht Ärzte und Arzneimittel ablehnen, was dann für Verhütungsmittel wie für Antidepressiva gleichermaßen gelten könnte, selbst dann, wenn bei ihnen eine behandlungsbedürftige Depression bestehen würde. Hormonelle Verhütungsmittel werden auch nicht nur zur Verhütung verordnet, sondern zum Beispiel auch auch bei schweren Menstruationsschmerzen, menstrueller Migräne, hormonellen Erkrankungen oder bei anderen Faktoren, die das Auftreten von depressiven Symptomen begünstigen. Solche Zusammenhänge lassen sich durch den Abgleich aus den Gesundheitsregistern, wie es die Dänen getan haben, nicht herausfinden.“

Um die Frage zu beantworten, ob ein Arzneimittel bestimmte Nebenwirkungen hervorruft, und um dabei zufällige Zusammenhänge auszuschließen, muss man aufwändige, am besten doppelblinde Studien durchführen, bei der weder Arzt noch Studienteilnehmer wissen, ob sie ein Plazebo oder das Arzneimittel bekommen. In solchen Studien, die es auch für hormonelle Verhütungsmittel durchaus gibt, wurden bisher widersprüchliche Ergebnisse gefunden, sowohl positive als auch negative Veränderungen: bei der überwiegenden Mehrzahl der Studienteilnehmerinnen hatte das Verhütungsmittel keinen Einfluss auf die Psyche. Es konnte aber auch gezeigt werden, dass sich vor allem Frauen, bei denen bereits vor der Behandlung eine depressive Verstimmung oder ein starkes prämenstruelles Syndrom vorhanden war, die psychischen Symptome verstärken konnten.

„Wenn sich bei einem Mädchen oder einer Frau während einer bestimmten hormonellen Verhütungsmethode depressive Stimmungen zeigen, was im Einzelfall vorkommen kann“, so das Resümmee von Dr. Albring, „dann wäre die erste Maßnahme nicht die Verordnung eines Antidepressivums, sondern der Versuch, mit einem anderen hormonellen Verhütungsmittel mit einem anderen Hormonprofil die Nebenwirkungen zu verhindern.“

1 "Association of Hormonal Contraception with Depression", O. Lidegaard et al, JAMA Psychiatry 28. Sept. 2016 doi:10.1001/jamapsychiatry.2016.2387 jamanetwork.com/journals/jamapsychiatry/article-abstract/2552796

2 Nach Zahlen aus der Gesundheitsberichterstattung des Bundes wird in Deutschland innerhalb eines Jahres bei 6 6% der Mädchen und Frauen zwischen 18 und 30 Jahren durch einen Arzt oder Psychotherapeuten eine Depression oder depressive Verstimmung diagnostiziert. Siehe Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Datenabfrage am 10.10.2016 www.gbe-bund.de/gbe10/i

Quelle: Pressemitteilung BVF

Autor/Autoren: äin-red

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