19.02.2025
Fruchtbarkeits-Apps und unerwünschte Schwangerschaften
Seit einigen Jahren lässt sich eine Veränderung im Verhütungsverhalten beobachten: weg von hormoneller zu nicht-hormoneller Verhütung. Eine britische Studie beobachtete von 2018 bis 2023 eine zunehmende Zahl von Abtreibungspatientinnen, die auf Fruchtbarkeits-Apps als Verhütungsmethode setzten oder gänzlich auf Verhütungsmittel verzichteten.

Dr. Rosie McNee vom NHS North Valley und ihr Team untersuchten das Verhütungsverhalten von Frauen mit unerwünschter Schwangerschaft, die sich Januar bis Juni 2018 und 2023 bei britischen Abtreibungskliniken vorstellten.
Verhütung mit Fruchtbarkeits-App im Trend
Januar bis Juni 2018 konnte das Forscherteam Verhütungsdaten von 33.495 Frauen mit Abtreibungswunsch sammeln. Januar bis Juni 2023 waren es 55.055 Frauen. Anschließend analysierten und verglichen die Forschenden beide Frauengruppen.
Von 2018 bis 2023 stieg die Nutzung von Fruchtbarkeits-Apps als Verhütungsmethode von 0,4 % auf 2,5 %. Im Gegenzug sank die Verwendung hormoneller Verhütungsmethoden von 18,8 % auf 11,3 %. Ebenso nutzten 2023 nur noch 0,6 % der Frauen Langzeit-Verhütungsmittel (z.B. Hormonspirale) im Vergleich zu 3 % im Jahr 2018. Die Zahl derjenigen, die zum Zeitpunkt der Empfängnis keine Verhütungsmittel nutzten, stieg deutlich von 55,8 % in 2018 auf 69,6 % in 2023.
Schlussfolgerungen
Im Vergleich zu 2018 gaben im Jahr 2023 deutlich weniger Abtreibungspatientinnen an, zum Zeitpunkt der Empfängnis wirksame Verhütungsmethoden verwendet zu haben. Zudem stieg die Zahl derer, die sich auf Fruchtbarkeits-Apps als Verhütungsmethode verließen. Die Forschenden sehen folgende mögliche Hauptursachen für das veränderte Verhütungsverhalten: Zum einen der Einfluss sozialer Medien, die nicht-hormonelle Verhütungsmethoden propagieren. Zum anderen haben 49 % der weiblichen britischen Bevölkerung einen erschwerten Zugang zu verschreibungspflichtigen Verhütungsmitteln. [1]
Was Deutschland anbelangt, so hat sich das Verhütungsverhalten Erwachsener von 2007 bis 2023 ebenfalls deutlich verändert [2]: Kondome (2007: 36 %; 2023: 53 %) haben die Pille (2007: 55 %; 2023: 38 %) als meistverwendetes Verhütungsmittel abgelöst. Ebenso stieg die Zahl derer, die Methoden der Fruchtbarkeitsbestimmung bzw. der natürlichen Familienplanung verhüten, von 2 auf 4 %. Im Vergleich zu Großbritannien ist die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche seit 2007 gesunken und von 2018 bis 2023 nur um rund 5 % gestiegen.[3]
Anmerkung der Redaktion:
Fruchtbarkeits-Apps und Methoden der natürlichen Familienplanung eignen sich nur bedingt zur Verhütung und sind weniger zuverlässig als hormonelle Verhütungsmittel. Zum einen benötigt es ein hohes Maß an Erfahrung, um die eigenen Fruchtbarkeitszeichen korrekt zu deuten. Zum anderen können ein unregelmäßiger Lebensrhythmus, Alkoholkonsum, Stress oder Erkrankungen den Zyklus beeinflussen und die natürliche Verhütung unsicherer machen.
Quellen:
[1] McNee R, McCulloch H, Lohr PA, et al. Self-reported contraceptive method use at conception among patients presenting for abortion in England: a cross-sectional analysis comparing 2018 and 2023. BMJ Sexual & Reproductive Health Published Online First: 13 January 2025. doi: 10.1136/bmjsrh-2024-202573
[2] BZgA-Studie: „Verhütungsverhalten Erwachsener 2023“ – Repräsentative BZgA-Wiederholungsbefragung
https://www.bzga.de/fileadmin/user_upload/PDF/pressemitteilungen/daten_und_fakten/Infoblatt_BZgA-Studiendaten_Verh%C3%BCtungsverhalten_2023.pdf
[3] Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland in den Jahren von 1996 bis 2023
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/232/umfrage/anzahl-der-schwangerschaftsabbrueche-in-deutschland/