04.12.2015
Experten fordern Folsäure-Anreicherung in Lebensmitteln
Folsäure-Mangel ist in vielen Fällen die Ursache für Fehlbildungen bei Babys. Obwohl dieser Zusammenhang schon lange bekannt ist, kommt es nach wie vor zu einer hohen Zahl solcher Missbildungen in Europa.
Ein Mangel an Folsäure ist in vielen Fällen die Ursache für Fehlbildungen wie zum Beispiel sogenannte Neuralrohrdefekte bei Babys. Obwohl dieser Zusammenhang schon lange bekannt ist, kommt es nach wie vor zu einer hohen Zahl solcher Missbildungen in Europa. Folsäure ist wichtig für die Teilung von Zellen und damit für die gesunde Entwicklung eines Kindes im Mutterleib. Das Neuralrohr ist eine Struktur in der Embryonalentwicklung, die schon in der zweiten bis dritten Schwangerschaftswoche entsteht. Aus dieser Struktur entwickelt sich das zentrale und periphere Nervensystem des Kindes.
Folsäure-Prophylaxe senkt Missbildungsrisiken erheblich
Gerade zu Beginn einer Schwangerschaft ist der Bedarf an Folsäure besonders hoch. Deshalb ist es so bedeutend, dass eine Mutter schon zu diesem Zeitpunkt einen ausreichenden Folatstatus [1] aufweist. Gynäkologen raten daher Frauen mit Kinderwunsch zu folsäurehaltigen Nahrungsergänzungsmitteln. Dabei orientieren sie sich an den Empfehlungen von Fachgesellschaften und Experten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) sowie der Arbeitskreis Folsäure und Gesundheit (AKF) raten allen Frauen, bei Kinderwunsch schon vor der Schwangerschaft zusätzlich zu einer folsäurereichen Ernährung täglich ein Präparat mit mindestens 400 µg Folsäure einzunehmen, mindestens bis zum Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels. Durch so eine Folsäure-Prophylaxe im Vorfeld der Schwangerschaft kann das Risiko für Neuralrohr-Defekte um etwa 70 Prozent gesenkt werden. Neben Neuralrohr-Defekten werden auch Herzfehler, Harnwegsdefekte sowie die Lippen-Kiefer-Gaumenspalten auf einen Folsäure-Mangel während der Embryonalentwicklung zurückgeführt. Wie eine aktuelle Studie im British Medical Journal (http://www.bmj.com/content/351/bmj.h5949) zeigt, geht trotz dieser Empfehlungen die Zahl der Neugeborenen mit Neuralrohrdefekten in Europa nicht zurück. Ein Grund für diese Entwicklung dürfte sein, dass viele Frauen ungeplant schwanger werden.
Unzureichende Folatversorgung der Bevölkerung
In Europa ist die Folsäureversorgung schlecht. Auch die Deutschen nehmen weiterhin zu wenig Folsäure/Folat zu sich, wie der Arbeitskreis Folsäure und Gesundheit betont. Bei jedem Zweiten sind es statt der von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlenen 300 Mikrogramm weniger als 200 Mikrogramm täglich. Insbesondere für Frauen mit Kinderwunsch ist dies unzureichend. In dem Konsensuspapier „Folatstatus und Gesundheit", dass gerade im „Journal of Perinatal Medicine" erschienen ist, fordert der AKF ein stärkeres Bewusstsein für die ungenügende Folatversorgung in Deutschland. Die Autoren appellieren, dass wie schon in anderen Ländern üblich (z.B. USA, Kanada), auch in Europa Grundnahrungsmittel mit Folsäure angereichert werden sollten. Internationale Erfahrungen hätten gezeigt, dass man durch diese Maßnahme die Häufigkeit schwerer Fehlbildungen bei Kindern im Mutterleib deutlich vermindern kann.
Nicht nur Embryos profitieren von besserer Folatversorgung
In Ländern mit folatangereicherten Lebensmitteln (z.B. Getreideprodukte) sank die Häufigkeit von angeborenen Neuralrohrdefekten um mehr als die Hälfte. Aber auch die gesamte Bevölkerung habe durch einen verbesserten Folatstatus von der Maßnahme profitieren können, wie der AKF mitteilt. Beispielsweise sei der durchschnittliche Blutspiegel von Homocystein, einem möglicherweise gefäßschädigendem Stoffwechselprodukt, und auch die Schlaganfall-Häufigkeit gesunken. Die AKF-Experten sehen einen politischen Handlungsbedarf nicht nur bei der Aufklärung junger Frauen, sondern auch bei der aktiven Unterstützung einer angemessen dosierten Folsäureanreicherung geeigneter Grundnahrungsmittel und einer Beobachtung damit erzielter Effekte.
In Deutschland werden bislang nur vereinzelt Grundnahrungsmittel mit Folsäure angereichert. Der AKF (http://www.ak-folsaeure.de/ ) empfiehlt Verbrauchern, diese bei der Lebensmittelzubereitung im Haushalt zu verwenden.
[1] Folat und Folsäure: Die verschiedenen folatwirksamen Verbindungen in Lebensmitteln bezeichnen Experten mit dem Sammelbegriff Folat(e). Folsäure ist die Bezeichnung für die Vitaminform, die bei der Anreicherung von Lebensmitteln zugesetzt wird oder in Supplementen enthalten ist.
Quelle: www.ak-folsaeure.de, Brigitte MOM