18.10.2024
Deutsche Menopause Gesellschaft empfiehlt individuelle Aufklärung und Beratung rund um Hormonersatztherapie
Derzeit sind in Deutschland etwa 9 Millionen Frauen in den Wechseljahren. Die Anfangssymptome entwickeln sich oft schleichend. Viele Frauen zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr bitten in der gynäkologischen Sprechstunde um einen Hormonstatus, um zu erfahren, ob sie im Klimakterium sind. Außerdem kommt häufig die Frage nach einer sogenannten bioidentischen Hormonersatztherapie (HRT) gegen Wechseljahresbeschwerden auf. Anlässlich des Weltmenopausetags am 18. Oktober 2024 erläutert die Präsidentin der Deutschen Menopause Gesellschaft (DMG), warum die Erhebung eines Hormonstatus in vielen Fällen nicht zielführend ist, insbesondere in der frühen Phase der Wechseljahre und was bei einer HRT zu beachten ist: Ärztinnen und Ärzte sollten ihre Patientinnen immer individuell beraten, betont die Fachgesellschaft.
„Die aktuelle S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Peri- und Postmenopause empfiehlt, dass die Überprüfung eines Hormonstatus nur bei Frauen zwischen dem 40. und 45. Lebensjahr mit Symptomen wie zum Beispiel Hitzewallungen und Zyklusveränderungen sowie bei Frauen unter 40 Jahren mit Hinweisen auf eine eingeschränkte Eierstockfunktion erfolgen sollte und die Situation nicht eindeutig interpretierbar ist“, sagt Dr. med. Katrin Schaudig, Präsidentin der Deutschen Menopause Gesellschaft e.V. (DMG).
„Entscheidender ist, ob und welche Symptome eine Frau genau hat“, betont Professor Dr. med. Thomas Römer, Gynäkologe aus Köln und Vizepräsident der DMG. „Die Wechseljahre kündigen sich meist dadurch an, dass der Zyklus nicht mehr wie bislang uhrwerkmäßig ist. Hinzu kommen dann häufig unspezifische Beschwerden wie zum Beispiel neu auftretende Schlafstörungen, eine depressive Verstimmung oder Konzentrationsstörungen.“ Ein Hormonstatus ist in dieser Phase des Klimakteriums häufig noch unauffällig, was sogar dazu führen kann, dass der Arzt oder die Ärztin und die Patientin die Situation falsch einschätzen.
„Diese typischen Beschwerden der frühen Perimenopause sind nicht Folge eines Hormonmangels, sondern einer stark schwankenden Aktivität der Eierstöcke. Diese wird dadurch hervorgerufen, dass mit schwindendem Eizellvorrat die sehr sensiblen und exakten Steuerungsmechanismen des Zyklus auf der Ebene des Zwischenhirns durcheinandergeraten“, erklärt Dr. Schaudig. So können plötzlich mehrere Eizellen gleichzeitig heranreifen und zu kurz hintereinander stattfindenden Eisprüngen führen. Der Einsatz von bioidentischen Hormonen wie Östrogen und Progesteron ist in dieser Phase oft nicht zielführend, da dies an den Schwankungen der Eierstockfunktion nichts ändert, so die DMG-Präsidentin: „Daher muss immer im Einzelfall abgewogen werden, wie man einer Frau in dieser Lebensphase am besten helfen kann. Neben unterstützenden Maßnahmen wie Lebensstilveränderung oder Achtsamkeitstraining beinhaltet das Behandlungsspektrum unter anderem den Einsatz pflanzlicher Mittel oder eine zyklische Gabe von Progesteron oder auch einem synthetischen Gestagen, also für 14 Tage im Monat. Oder aber die (vorübergehende) Anwendung einer (östrogenfreien) Antibabypille – mit dem Ziel, die hormonelle Achterbahn des Eierstocks zu bremsen.“
Ist der Eizellvorrat endgültig aufgebraucht, kommt es zum dauerhaften Östrogenmangel, der bei vielen Frauen mit ausgeprägten Hitzewallungen einhergeht, aber auch zum Fortbestehen der bereits vorher beklagten Schlafstörungen oder Stimmungseinschränkungen oder anderer Symptome führen kann. Auch hier kommt es auf den Leidensdruck der Patientin an. Ist dieser hoch (was bei gut einem Drittel bis der Hälfte der Frauen der Fall ist), ist der Einsatz von Hormonen zu empfehlen.
Als bioidentisch gelten Hormonpräparate, die in ihrer biochemischen Struktur genau jenen im menschlichen Körper gebildeten entsprechen. Das gilt zum Beispiel für das seit vielen Jahren in Deutschland vornehmlich verwendete 17ß-Estradiol. Sofern es als Gel, Spray oder Pflaster über die Haut verabreicht wird, vermeidet man in den gängigen Dosierungen das bei Anwendung von Östrogen-Tabletten erhöhte Thrombose- und Schlaganfallrisiko, was insbesondere bei Frauen mit Risiken für diese Ereignisse von Bedeutung ist. In aller Regel werden die Sexualhormone von der Industrie aus Diosgenin hergestellt, das wiederum aus Yamswurzel und Soja gewonnen wird. Im Zentrum der Diskussion um die Risiken einer HRT steht das potenziell erhöhte Brustkrebsrisiko: Dabei kommt es unter anderem auf die mögliche Kombination von Hormonpräparaten und die Behandlungsdauer an, sagt Dr. Schaudig: „Auch hier müssen Ärztinnen und Ärzte bei Frauen mit hohem Leidensdruck individuell besprechen, ob und welche Faktoren ihr persönliches Brustkrebsrisiko erhöhen könnten, zum Beispiel Alkoholkonsum, wenig körperliche Bewegung, Übergewicht. Es spricht viel dafür, dass das Brustkrebsrisiko bei Einsatz von Östrogen in Kombination mit Progesteron oder Dydrogesteron geringer erhöht ist als beim Einsatz der früher vielfach verwendeten Gestagene.
Deutschland braucht gesundheitspolitisches Konzept für Frauen in den Wechseljahren
Nachdem die DMG bereits anlässlich des Weltmenopausetags im Oktober 2023 bei einem fraktionsübergreifenden parlamentarischen Abend im Bundestag zum Thema Frauengesundheit und Wechseljahre beteiligt war, fanden am 19. März 2024 sowie am 25. September 2024 weitere Termine mit politischen VertreterInnen in Berlin statt. DMG-Präsidentin Schaudig vertrat die Fachgesellschaft auf dem Podium. „In England gibt es seit 2021 ein Gesetz zur Versorgung von Frauen in dieser Lebensphase. Auch in Deutschland müssen wir ein entsprechendes Konzept für die rund 9 Millionen Frauen in den Wechseljahren erarbeiten“, fordert Schaudig.
Expertinnen und Experten der DMG und des Berufsverbands der Frauenärzte e.V. (BVF) beantworten betroffenen Frauen und interessierten Laien regelmäßig in kostenfreien Online-Informationsveranstaltungen Fragen rund um die Wechseljahre. Die Aufzeichnungen aller bereits stattgefundenen Veranstaltungen sowie die Zugangsdaten zu den nächsten Terminen stehen auf der Website www.menopause-gesellschaft.de.
Weiterführende Informationen:
- S3-Leitlinie AWMF. Peri- and Postmenopause – Diagnostik und Interventionen. Leitlinie der DGGG, SGGG and OEGGG (S3-Level, AWMF Registry No. 015–062). Im Internet (Stand: 15.08.2020)
- gesundheitsreport-arzneimittelverordnungen-2022-data.pdf (tk.de)
Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Menopause Gesellschaft e.V. (DMG)