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Sexualstörungen: Therapie

Sexuelle Funktionsstörungen haben ihre Ursachen oftmals in einem mangelnden Wissen - sowohl über sexuelle Funktionen als auch über den Partner oder die Partnerin. Hinzu kommt häufig eine Scham, die eigenen intimen Vorstellungen, Wünsche und Phantasien zu offenbaren. Deshalb besteht eine Sexualtherapie zu großen Teilen in der Informationsvermittlung über die Sexualität im Allgemeinen und die Verbesserung der Kommunikation zwischen den Partnern.

Eine Störung, der in erster Linie psychische Faktoren zu Grunde liegen, sollte gemeinsam mit dem Partner behandelt werden. Grundlage hierfür ist die Bereitschaft beider Partner, die Beziehung trotz bestehender Probleme fortzuführen und gemeinsam an den Schwierigkeiten zu arbeiten. Stellt sich heraus, dass die sexuellen Störungen Ausdruck grundsätzlicher Beziehungsprobleme sind, sollten die Betroffenen eine Paartherapie aufsuchen, da die alleinige Behandlung der sexuellen Schwierigkeiten wenig erfolgreich sein wird.

Eine Sexualtherapie hat im Allgemeinen folgende Ziele:

Bei vielen Paaren kann bereits eine vor der eigentlichen Therapie statt findende Informationsphase hilfreich sein. Dabei klärt der Therapeut darüber auf, welche Bandbreite Sexualität besitzen kann und welche Faktoren sich negativ auswirken können. Diese Phase kann auch die Aufklärung eines Paares über verschiedene sexuelle Techniken beinhalten, etwa durch Videos oder anderes Anschauungsmaterial. Dabei soll das Paar auch lernen, miteinander über das Tabuthema Sex zu sprechen die eigenen Vorstellungen und Wünsche zu formulieren. So können bereits übersteigerte Erwartungen aufgedeckt und bearbeitet werden und im Einzelfall eine weitere Therapie bereits überflüssig machen.

Folgende Therapiemöglichkeiten gibt es:

Sensualitätstraining nach Masters und Johnson

Die klassische Sexualtherapie ist ein von den amerikanischen Sexualforschern William Howell Masters und Virginia Eshelman Johnson entwickeltes Verfahren, das speziell den Abbau von Erwartungsängsten zum Ziel hat. Sie wird auch als Sensualitätstraining bezeichnet und eignet sich für Patienten, bei denen Angstgefühle und Leistungsdruck die sexuelle Lust oder Erregbarkeit dämpfen. Mittels dieser Therapie lassen sich oft Libidostörungen, sexuelle Erregungsstörungen, Orgasmusstörungen oder auch psychisch bedingte Schmerzsymptome behandeln. Die Therapie ist eine Paartherapie, bei der beide Partner zusammen arbeiten, um ihr sexuelles Genussempfinden zu steigern.

In der ersten Phase stimulieren sich die Partner zunächst durch Streicheln, wobei erogene Zonen wie die Genitalien, Brüste oder Po tabu sind. Dabei sollen die Partner abwechselnd eine aktive oder eine passive Rolle einnehmen, also nur Zärtlichkeiten geben und anschließend nur empfangen. Dabei ist besonders darauf zu achten, Störfaktoren, die ein völliges Entspannen verhindern, auszuschalten.

Im zweiten Schritt soll der jeweils passive Partner die Hand des anderen führen. Erst jetzt ist das Berühren der Geschlechtsorgane erlaubt. Es soll zu sexueller Erregung, aber noch nicht zum Geschlechtsverkehr kommen, um Erwartungsängste abzubauen. Schließlich sollen sich die Betroffenen spielerisch dem Geschlechtsverkehr nähern. Erst wenn beide Partner dazu bereit sind, sollen sie den Koitus vollziehen. So kann etwa die Frau den Penis ihres Partners einführen und durch kleine Bewegungen herausfinden, welche Position sie als besonders lustvoll erlebt

Konfliktzentrierte Gesprächspsychotherapie

Bei vielen sexuellen Dysfunktionen (Libidostörung, Orgasmusstörung, Sexualschmerzen und Vaginismus) hat sich auch die konfliktzentrierte Gesprächspsychotherapie bewährt. Sie versucht die partnerschaftlichen Konflikte zu ergründen, die für die sexuelle Störung verantwortlich sind.

Bei der konfliktzentrierten Gesprächspsychotherapie spielt das Aussprechen von Problemen eine Schlüsselrolle. Durch die wiederholte Bearbeitung des Konflikts, verändert die Patientin ihre eigene Einstellung dazu. Das Ziel der Therapie ist ein gestärktes Selbstbewusstsein, das eine größere innere und äußere Sicherheit gegenüber der Umwelt bietet. Die Patientin reagiert schließlich mit Einverständnis oder Ablehnung auf die auslösenden Faktoren des Konflikts und kann so durch ihre eigene Handlungsweise zur Problemlösung beitragen.

Für einige Patientinnen ist es bereits hilfreich, wenn sie über sexuelle Funktionen ihres eigenen Körpers aufgeklärt werden. Eine Bestärkung zur Masturbation, Beratungen über spezielle Positionen beim Geschlechtsverkehr oder die Notwendigkeit einer ausreichenden Stimulierung vor dem Verkehr kann im Einzelfall bereits genügen, um das vorliegende Problem zu beheben. Vielen Frauen mit sexuellen Problemen fällt es schwer, sich selbst als sexuelle Wesen zu erfahren und zu akzeptieren. Sie stehen ihrem eigenen Körper distanziert gegenüber, wodurch auch beim Geschlechtsverkehr mit dem Partner Probleme auftreten. Eine Annahme der eigenen sexuellen Bedürfnisse ist oft der entscheidende Schritt für eine Verbesserung bestehender Probleme.

Therapie der Libidostörung

Alltagsstress oder die Geburt eines Kindes führen bei vielen Paaren zu einem Nachlassen der Lust. Eine Mutter wird durch ein Kind emotional und körperlich in ganz anderer Weise in Anspruch genommen als vorher. Der Partner versteht die Diskrepanz zwischen der beteuerten Lust, mit ihm zu schlafen, und der fehlenden Energie oftmals nicht. Vielen Paaren kann bereits ein bewusst gemeinsam verbrachter Abend pro Woche weiterhelfen, an dem sich das Paar gezielt Zeit füreinander nimmt und für andere nicht zu erreichen ist. Der Abend sollte nicht zwangsläufig den Geschlechtsverkehr zum Ziel haben, um keinen Druck aufzubauen. Er kann auch mit einem gemeinsamen Essen oder anderen Aktivitäten verbracht werden. Wichtig ist, dass das Paar ungestört ist und die Bedürfnisse und Empfindungen des anderen bewusst wahrnimmt und als Erfahrung verstanden wird, neue Seiten am eigenen Partner zu entdecken. Dies kann oft schon ausreichen, um auch die Lust aufeinander wieder zu entfachen.

Eine psychotherapeutische Behandlung kann durch Medikamente ergänzt werden. Präparate mit einer Komponente des körpereigenen Botenstoffes Dopamin aktivieren das Zentralnervensystem und können eine luststeigernde Wirkung haben oder sexuelle Phantasien, Träume oder den Genuss von Sex verstärken. Ein Medikament alleine hilft  nicht weiter, da viele Patientinnen Probleme haben, ihre gesteigerte Lust in konkrete Handlungen umzusetzen. Daher sind luststeigernde Präparate als alleinige Therapie für Frauen  ungeeignet. Die Sexualität ist bei Frauen viel stärker mit emotionalen und gedanklichen Prozessen verbunden als bei Männern. Zu einer erfolgreichen Behandlung gehört deshalb eine stabile Beziehung und eine offene Kommunikation über die Sexualität beider Partner. Der Glaube, die Einnahme eines Präparates würde eine sexuelle Funktionsstörung sofort beseitigen, ist in der Regel falsch.

Therapie der Erregungsstörung

Eine auf körperliche Komponenten beschränkte sexuelle Erregungsstörung tritt nur selten auf. Ursachen dafür können eine genitale Durchblutungsstörung, eine mangelnde Feuchtigkeitsproduktion trotz sexueller Lust, ein Östrogenmangel oder Nebenwirkungen eines Antidepressivums darstellen. Ist dies der Fall, lässt sich die Erregungsstörung durch Gleitcremes, lokale Östrogentherapie, durch Cremes oder Zäpfchen oder dem Einsatz von Apomorphin, Testosteronsalben oder anderen Medikamenten behandeln. Bei dem Einsatz solcher Medikamente zum Zwecke der Luststeigerung muss besonders sorgfältig auf mögliche Nebenwirkungen geachtet werden.

Liegt der Erregungsstörung aber eine psychische Ursache zugrunde, sollte die Behandlung mittels eines Sensualitätstrainings oder der konfliktzentrierten Gesprächspsychotherapie erfolgen. 

Therapie der Orgasmusstörung

Besonders bei jungen Frauen kann bereits eine Beratung und Aufklärung erfolgreich sein. Viele wissen nicht, dass der Orgasmusfähigkeit ein Lernprozess vorangeht. Mit zunehmender sexueller Erfahrung nimmt in der Regel auch die Orgasmusfähigkeit im Laufe des Lebens zu. Liegt der Orgasmusstörung eine starke Hemmung der Frau zu Grunde, die mit Schuldgefühlen oder Ängsten einhergeht, wird der Patientin meist empfohlen, den Orgasmus zunächst durch Selbstbefriedigung kennen zu lernen. Dabei können Hilfsmittel wie Vibratoren oder Duftöle eingesetzt werden. Zudem sollten die Patientinnen über die luststeigernde Wirkung von sexuellen Phantasien, Bild- und Filmmaterial aufgeklärt werden - verbunden mit der Information, dass Schuldgefühle dabei unbegründet sind. Die Selbstbefriedigung ist ein anerkannter Teil der Sexualberatung.

Negative Gefühle der eigenen Sexualität gegenüber müssen durch Gespräche abgebaut werden. Insgesamt gilt es, die Kommunikation des Paares über störende und fördernde Einflüsse zu verbessern. Bereits eine verstärkte Stimulierung der Partnerin vor dem Geschlechtsverkehr, bis hin zu einer starken sexuellen Erregung, kann dazu führen, dass sie während des Sexualaktes zum Orgasmus kommt. Falsche Vorstellungen wie die, dass beide Partner gleichzeitig einen Orgasmus erleben müssen, können den Geschlechtsverkehr für die Frau unbefriedigend werden lassen. Oftmals führt bereits eine veränderte Einstellung zu sexuellen Aktivitäten von Seiten der Frau zu einer Verbesserung, wenn sie selbst die Initiative ergreift und nicht in der passiven Rolle verbleibt.

Therapie des Vaginismus

Der Vaginismus ist ein starker, unbewusster Abwehrreflex, der durch langsame Gewöhnung und eine konfliktzentrierte Gesprächstherapie behandelt werden kann. Die Gewöhnung wird in der Regel durch eine gynäkologische Untersuchung eingeleitet, wenn die Patientin sich dazu bereit erklärt. Wenn es dem Arzt nicht gelingt, während der Gesprächstherapie das Vertrauen der Patientin zu gewinnen, kann auch die Gewöhnung nicht angegangen werden. Bei fehlender Motivation ist die Therapie zwecklos.

Vaginismus-Patientinnen glauben oftmals, die eigene Scheide sei zu eng für den Penis des Partners und haben Angst vor Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Daher wird der Patientin in der Gewöhnungsphase in einer gynäkologischen Untersuchung gezeigt, dass diese Ängste unbegründet sind. Mittels eines Spekulums demonstriert der Arzt der Patientin die Dehnungsfähigkeit ihrer Scheide und veranschaulicht, dass damit keine Schmerzen verbunden sind.

Hat die Patientin Probleme mit der Untersuchung, sollte sie selbst zu Hause versuchen, sich an die Dehnungsfähigkeit ihrer Scheide zu gewöhnen. Die Selbsterkundung kann auch in der Anfangsphase der Gewöhnung mit den eigenen Fingern erfolgen. Viele Frauen, die an Vaginismus leiden, haben Hemmungen ihre eigenen Geschlechtsorgane auf diese Weise zu berühren. Daher ist es notwendig, diese Hemmungen zuvor in der Gesprächsphase abzubauen.

Therapie organisch bedingter Sexualstörungen

Bei organisch bedingten sexuellen Funktionsstörungen steht die Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund. Ein Östrogenmangel nach der Menopause oder nach der Entfernung der Eierstöcke, der durch eine mangelnde Feuchtigkeitsproduktion der Scheidenschleimhaut zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr führt, kann lokal mit Zäpfchen oder Cremes behandelt werden. Auch Dehnungsübungen können im Einzelfall hilfreich sein. Angeborene Fehlbildungen können häufig operativ verbessert werden. Bei Problemen nach gynäkologischen Operationen helfen manchmal andere Stimulationstechniken oder andere Stellungen weiter. Ist eine Krankheit für die sexuelle Funktionsstörung verantwortlich, sollte geprüft werden, ob das zur Medikation eingesetzte Präparat das sexuelle Empfinden ebenfalls negativ beeinflusst. Gegebenenfalls ist ein Umstieg auf ein nebenwirkungsärmeres Medikament zu erwägen.

Autor/Autoren: äin-red

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