Harninkontinenz: Therapie & Behandlungsmöglichkeiten

Bunter Knoten
Konservative Behandlungsmöglichkeiten bei Inkontinenz setzen an der Kräftigung von Muskeln und Bindegewebe im Bereich des Halteapparates des weiblichen Beckenbodens an.

Die Therapie der Harninkontinenz kann auf verschiedene Arten erfolgen, abhängig davon, um welche Form der Erkrankung es sich handelt und wie stark die Ausprägung ist.

Belastungs- oder Stressinkontinenz

Da der Belastungsinkontinenz meist eine Schwäche der Beckenbodenmuskulatur oder des Bandapparates im Beckenbereich zugrunde liegt, wird in erster Linie bei den Schweregraden I (unfreiwilliger Urinabgang bei schweren körperlichen Belastungen, z. B. Hüpfen, Springen, Husten und Niesen) und II (unwillkürlicher Harnverlust bei leichten körperlichen Belastungen wie Treppensteigen, Gehen, Aufstehen oder Hinsetzen) auf eine sogenannte konservative Therapie gesetzt.

  1. Training der Beckenbodenmuskulatur

    Ein Beckenbodentraining kann sowohl zu Hause, als auch im Rahmen einer Physiotherapie erlernt und durchgeführt werden. Der Erfolg des Beckenbodentrainings stellt sich in der Regel nach drei bis sechs Monaten ein. Sollte trotz regelmäßigem Training keine Besserung eintreten, müssen andere Therapiemöglichkeiten in Betracht gezogen werden.
  2. Gewichtsreduktion

    Frauen mit Übergewicht wird im Rahmen einer konservativen Therapie eine Gewichtsabnahme empfohlen. Die Reduktion des Körpergewichts hat oft einen positiven Effekt auch auf den Harndrang und vermindert den willkürlichen Abgang von Urin.
  3. Reduzierung von Harninkontinenz begünstigenden Umständen/Lebenstiländerungen

    Umstände, welche die Entstehung einer Inkontinenz fördern können, sollten vermindert werden. Dazu kann eine Behandlung von chronischem Husten ebenso gehören wie Strategien, um das Heben von schweren Gegenständen zu vermeiden. Harntreibende Getränke wie Kaffee und schwarzen Tee sollten genauso wie stressige Alltagssituationen vermieden werden. Tagsüber sollte man viel aber abends nur noch wenig trinken, damit das nächtliche Wasserlassen auf ein Minimum reduziert wird.
  4. Östrogentherapie

    Bei Frauen während oder nach der Menopause tritt eine Inkontinenz häufig als Folge von Östrogenmangel auf. In diesen Fällen kann durch eine örtliche Behandlung des Harn- und Genitalbereichs mit einer östrogenhaltigen Salbe (Inhaltsstoff: Östriol) oder durch das Einführen von Östrogenscheidenzäpfchen Besserung erreicht werden. Aufgrund der niedrigen Dosierung ausschließlich im Scheidenbereich und des speziellen Östrogens ist mit keinen Nebenwirkungen zu rechnen.
    Hormone zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden können die Inkontinenz hingegen verschlechtern
Wellenbrecher in der Brandung
Eine Harninkontinenz ist in den meisten Fällen heilbar bzw. deutlich zu verbessern. Die Behandlung muss individuell angepasst werden – an die Ursache, die Art und das Ausmaß der Beschwerden sowie auch an die Lebenssituation.

Reichen diese Therapieansätze nicht aus, um eine Harninkontinenz zu lindern oder zu heilen, werden weitere Methoden, wie beispielsweise das Einführen von speziellen Tampons oder Scheidenpessaren sowie die Elektrostimulation durchgeführt.

Spezielle Inkontinenztampons und Ring- und Schalenpessare erhöhen den Druck auf die Harnröhre. Sie werden von der Patientin selbst oder dem Frauenarzt eingesetzt und gewechselt.

Bei der Elekrostimulation werden Nerven, die für die Steuerung der Harnblase und deren Verschlussmechanismen zuständig sind, durch sehr geringe elektrische Impulse gereizt. Dadurch können die Nerven angeregt werden, ihre natürliche Aufgabe und Leistung wieder aufzunehmen.

Weiterhin können auch verschiedene operative Maßnahmen eingesetzt werden:
Bei einer sogenannten Kolposuspension wird mittels Bauchspiegelung oder Bauchschnitt die Vorderwand der Scheide unter der Harnröhre angehoben und am Bandapparat des Beckens befestigt. So wird verhindert, dass die Harnröhre in eine zu tiefe Position absinken kann.

Die TVT-Operation (tension-free vaginal tape) zählt heute zum sogenannten Goldstandard. Mithilfe eines Kunststoffbändchens, das als dauerhafte Einlage unter die Harnröhre gelegt wird, kann dieser Bereich in einer kurzen Operation stabilisiert werden.

Andere Verfahren wie die Unterspritzung der Harnröhre zu deren Einengung (Bulking Agents) als auch Eigengewebeanwendungen (Fasziezügelplastik) sollten spezialisierten Zentren vorbehalten sein.
Medikamentös lässt sich die Belastungsinkontinenz mit einem speziellen Stoff Duloxetin behandeln. Das Medikament muss dauerhaft eingenommen werden und die Wirkweise ist als eingeschränkt zu bewerten.

Dranginkontinenz

Das Ziel von konservativen Therapieansätzen bei einer Dranginkontinenz besteht darin, die Abstände zwischen dem auftretenden Harndrang zu verlängern und das Aufnahmevermögen der Blase zu verbessern. Folgende Maßnahmen werden in der Regel getroffen:

  1. Behandlung eines Harnwegsinfekts

    In sehr häufigen Fällen wird eine Dranginkontinenz durch einen bestehenden Harnwegsinfekt ausgelöst. Deswegen sollte ein möglicherweise vorliegender Infekt zuerst behandelt werden.
  2. Operation einer Gebärmutter bzw. Scheiden-/Blasensenkung

    Wenn neben einer Dranginkontinenz eine Senkung oder gar ein Vorfall der Organe von Gebärmutter, Blase und Darm vorliegt sollte zunächst eine Senkungsoperation erfolgen. In bis zu 80 Prozent der Fälle wird damit die Inkontinenz geheilt.
  3. Miktionstagebuch 

    Bei Frauen, die vor den Wechseljahren an Dranginkontinenz leiden, wird häufig mit dem Führen eines Miktionstagebuchs begonnen. Über einen Zeitraum von wenigen Tagen werden die Uhrzeit des Harndrangs und die abgegebene Menge vermerkt. So können beispielsweise stressbedingte Störungen von krankhaften Anzeichen, wie sie bei einem Bandscheibenvorfall, einer beginnenden Herzschwäche oder neurologischen Erkrankungen auftreten können, unterschieden werden.
  4. Blasentraining

    Sind eindeutige krankhafte Ursachen ausgeschlossen, kann ein Blasentraining durchgeführt werden. Dabei versucht die Patientin dem ersten Harndrang nicht nachzugeben und damit die Dauer bis zum Aufsuchen der Toilette immer weiter hinauszuzögern. Sinnvoll ist in diesem Zusammenhang auch ein Beckenbodentraining.
  5. Östrogentherapie

    Bei Frauen während oder nach der Menopause tritt eine Inkontinenz häufig als Folge von Östrogenmangel auf. In diesen Fällen kann durch eine örtliche Behandlung des Harn- und Genitalbereichs mit einer östrogenhaltigen Salbe oder durch die Einnahme von Östrogentabletten Besserung erreicht werden.  Es helfen aber nur lokal oder als Tablette angewandte Östriol haltige Medikamente, nicht aber Hormone zur Therapie der Wechseljahre.

Werden keine ausreichenden Erfolge mit diesen Methoden erzielt, kann eine medikamentöse Therapie oder die Elektrostimulation eingesetzt werden. Bei der medikamentösen Behandlung verwendet man Substanzen, welche die Kontraktionen der Blasenmuskulatur unterdrücken bzw. vermindern. Wichtig ist es, dass man langsam mit einer niedrigen Dosis beginnt. Die Nebenwirkungen werden so geringer empfunden, insbesondere eine mögliche Mundtrockenheit. Bei der Elektrostimulation werden Nerven, die für die Steuerung der Harnblase und deren Verschlussmechanismen zuständig sind, durch sehr geringe elektrische Impulse gereizt. Dadurch können sie angeregt werden, ihre natürliche Aufgabe und Leistung wieder aufzunehmen.

Die verschiedenen Therapieansätze können auch kombiniert eingesetzt werden.

Reflexinkontinenz

Für die Reflexinkontinenz, die durch Schädigungen oder Fehlbildungen von Verbindungen im Rückenmark verursacht wird, steht keine Therapiemöglichkeit zur Verfügung.

Überlaufinkontinenz

Die Behandlung dieser Form erfolgt entweder mit Östrogenen (hormonelle Therapie), medikamentös, oder operativ.

Extraurethrale Inkontinenz

Da die extraurethrale Inkontinenz in den meisten Fällen durch Fisteln verursacht wird ist die Operation der wichtigste therapeutische Schritt. Dabei werden diese aus dem Gewebe geschnitten. Blase und Scheide werden danach wieder rekonstruiert.

Quellen

Autor/Autoren: äin-red

Fachliche Unterstützung: Prof. Dr. med. Werner Bader

Letzte Bearbeitung: 04.06.2018

Herausgeber:

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In Zusammenarbeit mit:

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